Ausstellungen
6 ½ Wochen – Ngoc Nau
Die vietnamesische Medienkünstlerin Ngoc Nau (*1989) ist in diesem Jahr Stipendiatin der Neuen Folkwang Residence. Die damit verbundene Ausstellung im Museum Folkwang zeigt zwei Arbeiten, die im Rahmen des 5-monatigen Aufenthalts in Essen entstanden sind.
In Ngoc Naus videobasierten Collagen trifft dokumentarisches Material auf computergenerierte Szenen und Figuren in Videospiel-Ästhetik, die das Dargestellte in eine fiktive Gegenwart rücken. Ausgangspunkt ihrer Arbeiten ist meist ihre Heimat, die Provinz Thái Nguyên im gebirgigen Nordosten Vietnams, die sich in den letzten Jahrzehnten von einer landwirtschaftlich geprägten Region zu einem Zentrum der Metallindustrie und Elektronik entwickelt hat. Ihre Arbeiten verorten das reiche kulturelle Erbe Vietnams in einem vom kapitalistischen Fortschritt angetriebenen System.
Die 3-Kanal-Installation All in Good Time (2024) dokumentiert die Vorbereitungen einer Zeremonie der Đạo Mẫu, einer vietnamesischen Volksreligion der Muttergottheit, das ausschließlich von Frauen durchgeführt wird. Ngoc Naus mit eingängigen Sounds untermalten Filme haben das Anliegen – entgegen der ideologischen Politik Vietnams – die eigenen Wurzeln und Werte nicht aus den Augen zu verlieren. Aufgewachsen in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft und als Zeugin häuslicher Gewalt stellt sie in ihren Arbeiten immer wieder Frauen in den Mittelpunkt. Ihre Empathie und ihr Interesse für die gesellschaftlichen Herausforderungen von Frauen äußert sich auch in der weiteren Arbeit der Ausstellung: Für No Mud, No Lotus (2024) interviewte sie vier Frauen der vietnamesischen Diaspora in Deutschland. Auf der intimen Oberfläche von Smartphone Screens vereint sie Erzählungen von Diskriminierung, Kindesentzug und gesellschaftlicher Ausgrenzung mit der Ästhetik von Make-up- und Kochtutorials, um den Interviewten ihren safe space zu gewähren.
Ngoc Nau studierte Malerei und Zeichnung am Hanoi College of Fine Arts, bevor sie 2013 ihren Master in Kunstgeschichte und -kritik an der Vietnam University of Fine Arts in Hanoi abschloss. Heute lebt und arbeitet die Künstlerin in Hanoi und Thái Nguyên. 2023 wurde sie mit dem Mentorship: Moving Narratives Cycle 1 des Prince Claus Funding and British Council geehrt, und 2015 mit ihrem Projekt The Land of Energy für den Culture Development and Exchange Fund (CDEF) ausgewählt. Ihre Werke wurden unter anderem auf der Gangwon International Triennale (2024), Documenta 15 (2022), Art Basel Hong Kong (2023), Thailand Biennale (2021), Singapur Biennale (2019) und dem Festival Accès Asie in Montreal (2016) gezeigt. 2024 ist sie Stipendiatin der Neuen Folkwang Residence in Essen.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit einem Text von Katrin Bauer.
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