RAFAŁ MILACH

Rafał Milach (*1978) ist Initiator und Mitgründer von The Archive of Public Protests (kurz A-P-P), einem Kollektiv von Fotograf:innen, Aktivist:innen, Autor:innen, Soziolog:innen und bildenden Künstler:innen. Das Archiv versammelt visuelle Zeugnisse von sozialem Aktivismus, von verschiedenen Initiativen, die sich nicht nur gegen politische Entscheidungen, sondern auch gegen Verstöße gegen demokratische Normen und Menschenrechte wenden. Die Sammlung der Bilder versteht sich als Warnung vor zunehmendem Rechtspopulismus und vor Diskriminierung: Fremdenfeindlichkeit, Homophobie, Frauenfeindlichkeit und Klimakrise. A-P-P wurde 2019 gegründet und sammelt seit der Regierungsübernahme der rechtspopulistischen PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) in Polen protestbezogenes Bildmaterial. Die Fotografien werden von den 18 Mitgliedern des A-P-P in einer leicht zugänglichen Sammlung Forscher:innen, Künstler:innen und Aktivist:innen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus steht die Nutzung der Ressourcen des Archivs allen offen. Die Proteste, die in der Ausstellung zu sehen sind, fordern das Recht auf Abtreibung und auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung, Solidarität mit der belarussischen Opposition und mit der von Russland angegriffenen Ukraine, eine unabhängige Justiz sowie eine nachhaltige Klima- und humane Flüchtlingspolitik.

Rafał Milach lehnt für seine fotografischen Arbeiten innerhalb des A-P-P jeden Anspruch auf journalistische Unabhängigkeit ab und macht sich stattdessen bewusst zum Verbündeten der unterdrückten Gemeinschaften. In seinen Aufnahmen fokussiert Milach oftmals auf Gesichter einzelner Individuen, die selbst zu Ikonen der Protestbewegungen in Polen geworden sind. Die vom Kollektiv herausgegebenen und bei den Protesten verteilten Strike Newspapers enthalten sowohl Bilder als auch Slogans der Demonstrant:innen. Die Zeitungen sind die physische Erweiterung des digitalen A-P-P-Inhalts im Internet.

Dreizehn Fotografien und vier Slogans wurden als Großflächenplakate auf die Ausstellungswände tapeziert und auf diese Weise die Erscheinungsformen des öffentlichen Raums ins Museum überführt. Die immersive Installation mit Fotografien, Videos und typografischen Slogans macht die aktivistische Kraft der Proteste für das Publikum erfahrbar.

Dem Neuerwerb des The Archive of Public Protests stellt die Ausstellung ausgewählte Presseabzüge aus dem Girardet Foto-Archiv gegenüber. Der Bestand aus dem ehemaligen Essener Verlagshaus umfasst rund 100.000 Fotografien und ist als Dauerleihgabe der Ruhr-Universität Bochum seit 1989 Teil der Fotografischen Sammlung am Museum Folkwang. Am Beispiel von Protestfotografien vor allem der 1950er Jahre werden anhand der markierten Rückseiten die Distributionswege der Presseabzüge nachgezeichnet und die inhaltlichen und strukturellen Unterschiede der aktivistischen Protestform und den Verlagsstrukturen von Girardet in Beziehung gesetzt.

The Archive of Public Protests konnte in 2023 mit Mitteln der Stiftung Presse-Haus NRZ erworben werden.