Grow It, Show It! – Große Fotografieausstellung im Museum Folkwang beleuchtet die kulturelle Bedeutung von Frisuren
Vom 13. September 2024 bis zum 12. Januar 2025 zeigt das Museum Folkwang die Ausstellung Grow It, Show It! Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok. Die Schau beleuchtet die Rolle und Bedeutung von Haaren und Frisuren in Gesellschaft, Politik und Alltag. Von ikonischen Werken wie Herlinde Koelbls Porträts von Angela Merkel bis zu J.D. 'Okhai Ojeikeres wegweisender Dokumentation nigerianischer Frisuren zeigt die Überblicksausstellung, dass Haare weit mehr sind als ein modisches Accessoire. Sie sind Ausdruck unserer Identität, Kommunikationsmittel und gesellschaftliches Statement.
Ob Afro, Locs, Braids, Beehive oder Taper: Haare sind fester Bestandteil von Alltagskulturen und bieten unerschöpfliche Gestaltungsmöglichkeiten. Wie wir Kopf-, Gesichts- und Körperhaare präsentieren oder verbergen, wachsen lassen oder rasieren, ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, aber auch der Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen, politischen, religiösen oder kulturellen Gemeinschaften. Im Spannungsfeld zwischen Intimität und öffentlicher Repräsentation zeigen wir uns durch unser Haar individuell, angepasst, rebellisch oder solidarisch.
Fotografien, Videos und Filmclips – Mediale Verflechtungen von historischen Werken bis hin zu aktuellen Social-Media-Inhalten
Die thematische Ausstellung Grow It, Show It! nähert sich auf rund 1.400 qm über eine große Bandbreite von historischen bis zu aktuellen Fotografien der vielschichtigen Bedeutung von Haaren. In Bezug auf die Geschichte von Bildkulturen nimmt die Ausstellung das Haar-Sujet nicht nur in Diskursen von Fotografie in den Blick. Auch Mode, Magazine, Social Media, Fotobücher, Filme, Videos, Performances und Musikclips zeigen einerseits die Spannweite des erweiterten fotografischen Mediums und andererseits des Themenfelds der Haare. Das Ausstellungsprojekt präsentiert eine vielfältige Auswahl von Haarbildern, die bewusst auf feste Kategorisierungen verzichtet und stattdessen assoziative Verbindungslinien zwischen den Objekten und Materialien anbietet. Die Schau orientiert sich – auch mittels der offenen Ausstellungsarchitektur – an der komplexen Struktur von Haaren: Wie ein Geflecht, ziehen sich thematische und formale Stränge durch den Ausstellungsparcours. Ergänzt wird dieser durch Zitate aus Literatur, Politik, Wissenschaft und Popkultur, die neue Verknüpfungen zwischen den Werken eröffnen.
So erzählt Grow It, Show It! durch die Verbindung unterschiedlicher Zeiten, Kontexte und Medien eine Vielzahl an Haargeschichten, die immer wieder neu verwoben werden.
Künstler:innen und Werke
Von Fotograf:innen wie Helmut Newton, Chaumont-Zaerpour oder Suffo Moncloa, die Frisuren nicht nur als Modeaccessoires, sondern als zentrales Gestaltungselement inszenieren, bis hin zu Künstler:innen wie Hoda Afshar, Thandiwe Muriu oder Maria Tomanova, die Haare als Mittel des Widerstands und der Emanzipation darstellen: die Überblicksschau zeigt, dass Haarbilder nicht nur Gegenstand der Schönheitsindustrie sind, sondern auch Thema queer-feministischer und postkolonialer Diskurse. Zugleich untersucht Grow It, Show It!, wie sich Bilder von Haaren im Wandel der Zeit gefestigt und damit Trends definiert haben und welche Rolle die Fotografie-geschichte sowie aktuelle Social Media-Formate wie Tutorials und ASMR-Videos dabei spielen.
Fest im fotografischen Kanon verankert ist die großangelegte Werkserie von J.D. ‘Okhai Ojeikere, der ab den 1960ern die skulptural anmutenden Formen von Haartrachten nigerianischer Frauen in über eintausend Fotos systematisch dokumentierte. Bis heute hat sein Schaffen Einfluss auf eine junge Künstler:innengeneration, nachzuvollziehen etwa in den NFTs des Yatreda Art Collective. Sie verbinden neue Blockchain-Technologie mit historischen Narrativen, um kulturelle Traditionen zu bewahren und mit ihren 360-Grad-Porträts eine Hommage an den Reichtum äthiopischer Haarkunst zu schaffen.
Die fotografischen Werke von Samuel Fosso, Yinka Shonibare CBE RA, Herlinde Koelbl, August Sander und kaum gezeigte Sammlungsbestände von David Hill und Robert Adamson um 1845 konzentrieren sich auf sozialen Status und Repräsentation. Sie gehen der Frage nach, welche machtpolitischen und hierarchisierenden Dimensionen Haare in Gesellschaftsportraits besitzen. Dem Haar als Material und biologisch wie energetisch aufgeladenem Informationsträger spüren Heather Dewey-Hagborg, Annegret Soltau und Sheung Yiu in ihren Werken nach. Der Haarsymbolik in Spiritualität, Ritual und Performance nehmen sich die Künstler:innen Bubu Ogisi, Rotimi Fani-Kayode, Laura Aguilar und Tunga in ihrem Schaffen an.
Dass Haare Geschlechterrollen transportieren und transformieren können, wird in der queeren Lesart ikonischer Fotografien von Diane Arbus, Ana Mendieta oder Sabelo Mlangeni deutlich. Das Werk von Jürgen Baldiga dokumentiert lustvoll und einfühlsam die Drag-Community und den Kampf gegen Aids im Berlin der 1980er Jahre. Die inszenierten Selbstporträts von Juan Pablo Echeverri sind als Plakatkampagne im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen. Aus dem queeren Fotomagazin BALAM aus Buenos Aires hat der Herausgeber und Art Director Luis Juárez eine eigene räumliche Übersetzung in der Ausstellung entwickelt.
Die Ausstellung wird unterstützt durch E.ON und gefördert von der Kulturstiftung der Länder.
GROW IT, SHOW IT!
Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok
13. September 2024 – 12. Januar 2025
Eintritt: 10 €, ermäßigt 6 €
Mit Arbeiten von:
Hoda Afshar, Laura Aguilar, Diane Arbus, Ellen Auerbach, AWA: la revue de la femme noire, BALAM, Jürgen Baldiga, Barber Turko, Carina Brandes, BRAVO, Nakeya Brown, Tessica Brown, Julia Margaret Cameron, Jim Carrey, Chaumont–Zaerpour, Heather Dewey-Hagborg, Rineke Dijkstra, Juan Pablo Echeverri, Anna Ehrenstein, Lotte Errell, Jason Evans, Rotimi Fani-Kayode, Samuel Fosso, Pippa Garner, André Gelpke, Weronika Gęsicka, Camilo Godoy, Nan Goldin, Ulrich Görlich, Henriette Grindat, Carola von Groddeck, F. C. Gundlach, Johann Hinrich W. Hamann, Mona Hatoum, Florence Henri, Florian Hetz, David O. Hill & Robert Adamson, Thomas Hoepker, Ewald Hoinkis, Peter Hujar, Graciela Iturbide, Lebohang Kganye, Jens Klein, Peter Knapp, Herlinde Koelbl, Paul Kooiker, Anouk Kruithof, Andreas Langfeld, Alwin Lay, Zoe Leonard, Madame d’Ora, Mahmoud Manaa, Ana Mendieta, Sabelo Mlangeni, Suffo Moncloa, Marge Monko, Thandiwe Muriu, Nontsikelelo Mutiti, Emmanuel Ndefo, Helmut Newton, Satomi Nihongi, Nicholas Nixon, Fred Odede, Bubu Ogisi, Mobolaji Ogunrosoye, J. D. 'Okhai Ojeikere, Ulrike Ottinger, Helga Paris, Doris Quarella, Rebecca Racine Ramershoven, Alfred A. Rau, Eugene Richards, ringl + pit, Roxana Rios, Torbjørn Rødland, Thomas Ruff, RuPaul, August Sander, Viviane Sassen, Max Scheler, Yinka Shonibare CBE RA, Lorna Simpson, Slavs and Tatars, Annegret Soltau, John Stezaker, Tabboo!, Hank Willis Thomas, Wolfgang Tillmans, Marie Tomanova, Tunga, Danielle Udogaranya (Ebonix), Dorothea von der Osten, William Wegman, Tom Wood, Yatreda, Leyla Yenirce, Sheung Yiu
Begleitprogramm und Publikation
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im DISTANZ Verlag (40 €, ISBN 978-3-95476-690-1) mit umfassender Bildstrecke und interdisziplinären Beiträgen von u. a. Shahram Khosravi, Annekathrin Kohout, Monilola Olayemi Ilupeju, Adebayo Quadry-Adekambi, Bernd Stiegler und Lori L. Tharps. Begleitet wird die Ausstellung von vielfältigen Veranstaltungs- und Vermittlungsangeboten, darunter einem digitalen Symposium, Künstler:innengesprächen, Performances, Workshops, Filmscreenings und Aktionen rund ums Haar.
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