Museum Folkwang gelingt Rückerwerbung eines 1937 beschlagnahmten Werkes von Wassily Kandinsky

Das Museum Folkwang kann ein bedeutendes Werk von Wassily Kandinsky für seine Sammlung wiedererlangen. Nach über 85 Jahren kehrt Milde Tiefen aus dem Jahr 1928 in die Grafische Sammlung zurück. 1937 war es von den Nationalsozialisten als „entartet“ beschlagnahmt worden. Ermöglicht wurde der Rückkauf durch den Museumsverein mit Nachlassmitteln des Essener Sammlerpaars Griese.

Das Aquarell Milde Tiefen, ein wichtiges Beispiel aus der konstruktivistischen Phase Kandinskys am Bauhaus, wurde kurze Zeit nach dessen Entstehung von Ernst Gosebruch, dem damaligen Direktor des Museum Folkwang, angekauft und bereits 1929 in der Ausstellung Aquarelle zeitgenössischer deutscher Künstler in Essen gezeigt. Der Ankauf zeugt von der Ausrichtung der Sammlung auf die damalige künstlerische Avantgarde. Zugleich knüpfte Gosebruch an die Sammeltätigkeit des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus an, der bereits um 1913 ein Gemälde Kandinskys erworben hatte.

Milde Tiefen wurde 1937 dem Museum als „entartet“ entzogen und anschließend verkauft. Aus Privatbesitz gelangte es nun nach Jahrzehnten erstmals wieder in den Handel – eine Chance, das Werk für das Museum zurückzugewinnen. Ermöglicht wurde der Rückkauf durch Mittel, die das Essener Sammlerpaar Dr. Walter und Lieselotte Griese dem Folkwang-Museumsverein hinterließ. Mit diesen Mitteln konnten seit 2017 bedeutende Werke des Expressionismus und Nachexpressionismus unter anderem von Max Beckmann, Kate Diehn-Bitt, Erich Heckel, Max Pechstein, Egon Schiele und zuletzt Gabriele Münter für das Museum Folkwang erworben werden. In den heutigen Bestand an Werken Kandinskys im Museum Folkwang fügt sich das Aquarell Milde Tiefen hervorragend ein und bildet ein stilistisches Bindeglied zwischen der expressionistischen Landschaft mit Kirche von 1913 und dem konstruktivistischen Gemälde Mächtiges Rot aus dem Jahr 1928. Nach der Erwerbung des ebenfalls 1937 aus den Beständen des Museums beschlagnahmten Aquarells Stehendes Mädchen, das Gesicht mit beiden Händen bedeckend (1911), von Egon Schiele im Jahr 2023 gelingt dem Museum Folkwang und dem Folkwang-Museumsverein damit eine zweite bedeutende Rückerwerbung in kurzer Folge.

Ulrich Blank, Vorsitzender des Folkwang-Museumsvereins, kommentiert: „Der Rückerwerb von Milde Tiefen ist ein beglückendes Ereignis. Das Werk ist ein symbolträchtiges Zeugnis für den Mut und die Offenheit, mit der Ernst Gosebruch die Sammlung auf die Künstler des Bauhauses ausrichtete. Dass es nun seit der Beschlagnahmung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1937 wieder ans Haus zurückkehrt, ist Zeugnis unserer anhaltenden Bemühungen, Werke aus der ursprünglichen Sammlung vor 1937 zurück zu erwerben und damit auch das Gedenken an den unseligen Teil unserer Geschichte wach zu halten.“

Peter Gorschlüter, Direktor des Museum Folkwang, ergänzt: „Die Rückführung dieses bedeutenden Werkes erlaubt uns, den faszinierenden Übergang Kandinskys von den expressionistischen zu den konstruktivistischen Einflüssen in seinem Schaffen erneut zu würdigen. Wir freuen uns, dass dieses herausragende Beispiel seiner Bauhaus-Periode nun wieder dauerhaft in unserer Sammlung präsent ist. Das Werk schließt eine Lücke in der Kandinsky-Sammlung und betont die enge Verbindung des Museums mit den Avantgarde-Bewegungen des 20. Jahrhunderts.“

Dokumente

Wassily Kandinsky
Milde Tiefen, 1928
Aquarell und Spritztechnik auf Velin auf Karton
49,4 x 33,1 cm (Blatt)
Foto: Museum Folkwang, Jens Nober

(v.ln.r.)

Dr. Ulrich Blank, Vorsitzender des Folkwang-Museumsvereins, Anja von Maltzahn, Stellvertretende Vorsitzende des Folkwang-Museumsvereins, Prof. Peter Gorschlüter, Direktor Museum Folkwang mit dem Werk Milde Tiefen (1928) von Wassily Kandinsky

Foto: Museum Folkwang, Jens Nober

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Milde Tiefen

Wassily Kandinsky
Milde Tiefen, 1928
Aquarell und Spritztechnik auf Velin auf Karton
49,4 x 33,1 cm (Blatt)
Foto: Museum Folkwang, Jens Nober