"Wolf D. Harhammer. Zwei Wirklichkeiten" - Museum Folkwang wid-met dem wiederentdeckten Werk des Stuttgarter Fotografen die erste institutionelle Ausstellung

Vom 9. Februar bis 26. Mai 2024 und vom 11. Juni bis 1. September 2024 zeigt das Museum Folkwang die erste institutionelle Ausstellung des Stuttgarter Fotografen Wolf D. Harhammer, dessen Werk lange Zeit als vergessen galt. Seine Welt ist die der Artist:innen, Schausteller:innen und Clowns. Mitte der 1970er Jahre fotografierte er Menschen, die im Mikrokosmos von Zirkus und Jahrmarkt ihren Platz gesucht hatten. Seit 2021 ist Harhammers Werk mit ca. 170 Arbeiten in der Fotografischen Sammlung vertreten und wird in diesem Jahr in einer Ausstellung mit zwei thematischen Teilen vorgestellt.

Der fotografische Autodidakt versteht sich selbst als Teil der Gemeinschaft, die er mehr als fünf Jahre mit der Kamera dokumentierte. In der Nachkriegszeit wanderte Harhammer zunächst nach Australien aus und begann nach seiner Rückkehr 1969 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Malerei, Bildhauerei und Film zu studieren. Während des Studiums verdiente er sein Geld als Luftballonverkäufer, später auch als Zirkusarbeiter. Unter dem Titel Zwei Wirklichkeiten veröffentlichte er 1981 eine Auswahl aus seinem Porträtwerk als Fotobuch im Trikont-Verlag und beendete damit zugleich seine künstlerisch-fotografische Tätigkeit.

Harhammers Porträts zeichnen ein eindrückliches Zeitbild einer Generation von Zirkusschaffenden und Schausteller:innen in den 1970er Jahren und zeugen von der Offenheit und Einfühlsamkeit des Fotografen gegenüber seinem Sujet. Sie geben Einblick in ein Leben, das Harhammer zeitweise mit den Porträtierten teilte und in dem Realität und Illusion, Arbeitsalltag und Selbstentfaltung untrennbar miteinander verbunden scheinen. Seinen Protagonist:innen begegnet Harhammer in den alltäglichen Momenten zwischen zwei Wirklichkeiten: Vor dem Wohnwagen oder in der Garderobe, im Bademantel am Zelteingang, geschminkt für den Auftritt und mit Kaffeetasse in der Hand. Ohne zu romantisieren, verweisen seine nüchtern-dokumentarisch anmutenden Fotografien zugleich auf ein utopisches Moment. Im Spiel mit der Wirklichkeit wird der Zirkus auch jenseits der Manege zur Projektionsfläche für Vorstellungen von gesellschaftlichem Freiraum.

In Verbindung mit weiteren Werken der Fotografischen Sammlung greift der erste Teil der Ausstellung vom 9. Februar bis 26. Mai 2024 den Zirkus als Möglichkeitsraum auf. Fotografische Perspektiven auf Zirkus, Varieté und Maskerade – von August Sander, Gertrud Arndt und Helmuth Kurth zu Diane Arbus, Valery Shchekoldin und André Gelpke – treten in Dialog mit zeitgenössischen Arbeiten von Harry Hachmeister, Liv Liberg, Paul Kooiker, Emma Sarpaniemi und Tobias Zielony, die unterschiedliche Formen von (Selbst-)Inszenierung in den Blick nehmen. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach der Verhandlung von Identität, Körperlichkeit und sozialer Gemeinschaft.

Die fotografische Untersuchung gesellschaftlicher Wirklichkeit ist das Thema eines zweiten Ausstellungsteils, der ab 11. Juni bis 1. September 2024 rund 40 weitere Fotografien Harhammers präsentiert. Mit Arbeiten unter anderem von Barbara Klemm, Michael Kerstgens und Rudi Meisel werden Verbindungslinien zwischen Harhammers Porträtwerk und dokumentarischen Positionen der 1970er und 80er Jahre aus der Fotografischen Sammlung gezogen.

Zeitgleich mit dem ersten Teil zeigt das Museum Folkwang vom 9. Februar bis 26. Mai 2024 in den Räumen der Fotografischen Sammlung ausgewählte Abschlussarbeiten von Absolvent:innen des Masterstudienprogramms Photography Studies & Practice der Folkwang Universität der Künste.

 

Informationen

WOLF D. HARHAMMER
Zwei Wirklichkeiten

9. Februar – 26. Mai 2024
11. Juni – 1. September 2024
Der Eintritt ist frei.

Fr, 16.2., 18 Uhr
Kurator:innen führen: Sonja Palade: WOLF D. HARHAMMER. Zwei Wirklichkeiten

Do, 21.3., 17.30 Uhr
Dialogführung: FREIRAUM ZIRKUS?
 

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Wolf D. Harhammer, Weißclown, Zirkus Hagenbeck, 1973

Wolf D. Harhammer
Weissclown, Zirkus Hagenbeck, 1973
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024