dis order – Totale Ordnung

Die Grundmuster prägen unseren Alltag sowohl in Form von geplanten Ordnungsstrukturen unserer gebauten Umwelt als auch durch Gesellschaftsordnungen. In den 1980er Jahren wurde im Kontext der Postmoderne die Zeichenhaftigkeit der Muster wieder künstlerisches Thema. Viele griffen mit Ironie die geometrischen Ordnungen auf und setzten sich mit deren Bedeutung für unser Leben auseinander.

Raster im Raum

Das industrielle Bauen hat das Gitter, das in die dritte Dimension erweiterte Raster, zur prägenden Bauform werden lassen. Stahlgerüste und Stahlbetonskelette sind nicht die einzigen Spuren der Industrialisierung in den Städten, auch die Fassaden bestehen aus reproduzierbaren Serienmodulen. Die Architektur der Nachkriegsmoderne wird seit den 1980er Jahren in der öffentlichen Diskussion als Verschandelung der Städte geschmäht. Ihre minimalistische Strenge wird als Monotonie verstanden, die Fotografie lässt ihre Fassaden jedoch eher wie Konkrete Kunst und Minimal Art wirken. Die abstrakten Muster dieser Fassaden haben Fotografen wie Andreas Gursky, Thomas Struth und Heidi Specker fasziniert.

Ornament der Masse

Nicht nur Objekte,  auch menschliche Körper können Ordnungen unterworfen sein. Das Militär etwa  stellt in seinen Aufmärschen die Soldaten in Reihe und Glied auf, um sie auf diese Weise kontrolliert einsetzen zu können. Diese Rationalisierung des menschlichen Lebens lässt sich heute in vielen anderen Lebensbereichen wiederfinden, wie zum Beispiel in der Rationalisierung der Arbeit oder auch in der Bürokratie. Michal Rovner oder das Atelier van Lieshout greifen diese Ordnungen des Lebens kritisch in ihren Arbeiten auf, während das Denkmal einer Barrikade den Widerstand gegen reglementierende Ordnungen zeigt.

Mustersprache

Kann durch die Konzentration auf das „bloße“ Sehen die abstrakte Kunst der Moderne von Menschen aus allen Kulturen verstanden werden? Mit dem Postkolonialismus sind Zweifel an diesem Anspruch nach universeller Geltung der Moderne aufgekommen. Als der Künstler Michael Buthe in den 1970er Jahren nach Marokko reiste, blieb er nicht Tourist oder Forscher. Er erlernte das Färberhandwerk in Marrakesch und die mystischen Tänze der Berber.

Von seiner Begegnung mit dem indigenen Stamm der Yanomami brachte der Künstler Lothar Baumgarten 1978 eine Sammlung von Zeichnungen mit Mustern nach Europa, die von den Yanomami selbst angefertigt wurden. Bis zu ihrer Begegnung mit Baumgarten hatten sie Muster, oft abstrakte Kreise, manchmal stilisierte Blattformen, ausschließlich auf Gebrauchsgegenstände gemalt oder zur Bemalung des eigenen Körpers eingesetzt. Jetzt zeichneten sie zum ersten Mal auf einem funktionslosen Untergrund, auf ein Blatt Papier.

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Peter Halley, Overtime

Peter Halley, Overtime, 1997, Day-Glow, Acryl, Roll-a-Tex auf Leinwand

Heidi Specker, Mitte, Berlin / Himohimomi, Yanomami / Brasilien, Ohne Titel

Heidi Specker, Mitte, Berlin, 1995, Tintenstrahlausdruck
© VG Bild-Kunst, Bonn 2014 (Abb. links)

Himohimomi, Yanomami / Brasilien, Ohne Titel, 28.6.1979, Farbholzstift auf Papier
© Museum Folkwang (Abb. rechts)

Ausstellungsansicht mit Atelier van Lieshout

Ausstellungsansicht mit Atelier van Lieshout, Linked Callcenter Units, 2008
Gips, Stahl, Plastik, Polyester