15. Nov 2024
23. Feb 2025

DEFFARGE & TROELLER

Keine Bilder zum Träumen
Stern-Reportagen und Filme

Zugespitzt, subjektiv und nicht selten kontrovers berichteten die Französin Marie-Claude Deffarge und der Luxemburger Gordian Troeller aus aller Welt. Sie stehen für einen politischen, zugleich kritischen Journalismus ab den 1950er Jahren. Angesichts der heutigen Krise des Journalismus ist die Neubetrachtung ihres Werks von gesamtgesellschaftlichem Interesse.
Marie-Claude Deffarge (1924–1984) und Gordian Troeller (1917–2003) informierten aus über 70 Ländern der Welt, bevorzugt jedoch aus dem Nahen Osten und dem Globalen Süden. Ihre Reportagen wurden in den 1960er Jahren vor allem im Stern publiziert, ihre späteren Filme im Fernsehen ausgestrahlt. „Wertfrei ist wertlos“ – ein verkürztes, doch treffendes Zitat von Gordian Troeller beschreibt in über 100 internationalen Reportagen und rund 80 Dokumentarfilmen über ein halbes Jahrhundert hinweg ihr Motto.
Das Paar erreichte mit seinen Berichten über Revolutionen, Kulturkämpfe und Menschenrechte ein breites Publikum.
In den letzten 20 Jahren ist das Schaffen von Deffarge & Troeller in der großen Öffentlichkeit in den Hintergrund getreten. Dabei ist die aktuelle Relevanz ihrer Berichterstattung frappierend. Ob politische Konflikte in Iran, Palästina, Somalia, Eritrea oder Kapitalismuskritik und Feminismus: Sie spürten die Ursachen jener Krisen auf, die nach wie vor das Weltgeschehen beeinflussen.
Beide zeigten mit großer Empathie die Lebensrealitäten von Menschen in 55 Ländern, von Japan bis Jemen, vom Senegal bis Peru. Ihre Analysen stießen zum Kern politischer Konfrontationen, interkultureller Spannungen und sozialer Ungleichheit vor, indem sie durch zahllose Beispiele die wirtschaftliche Ausbeutung, ethnozentrische Überheblichkeit und die Unterdrückung der Frauen auf allen Kontinenten offenlegten. In eindrucksvollen Bildern rücken uns die Krisen der Welt nahe, jedoch sind es, wie Deffarge vehement verteidigte, „keine Bilder zum Träumen“.
So rekapituliert die Ausstellung nicht nur die dringendsten weltpolitischen Themen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern stellt die markanten Standpunkte der beiden Journalist:innen vor, vom „sinnlosen Anspruch der Objektivität“ zur Kritik des Fortschritts und des Ethnozentrismus.
Im Zentrum dieser Präsentation steht das Archiv von Deffarge & Troeller, das tiefe Einblicke in ihre Arbeit und die damalige Medienlandschaft gibt. Über 100.000 Negative, Diapositive und Abzüge sowie Filme, Tonbänder und Recherchematerialien geben einen vielfältigen Überblick über die Entstehung der Berichte bis zur Rezeption.
Mit der ersten umfassenden Retrospektive, die ihre Foto- und Filmreportagen vereint, ist das Werk der beiden Journalist:innen jetzt wiederzuentdecken.

Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Centre national de l’audiovisuel (CNA)

Centre national de l’audiovisuel


Gefördert durch

Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen; Ministère de la Culture, Luxembourg

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Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller, Caracas, Venezuela, aus der Stern-Reportage Zwischen Kennedy und Castro, 1961

Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller
Caracas, Venezuela, aus der Stern-Reportage Zwischen Kennedy und Castro, 1961
© Ingrid Becker-Ross-Troeller, Nachlass Troeller/Deffarge, Museum Folkwang, Essen

Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller, Filmstill: Mit Medizin ins Unglück, Gabun 1975, Aus der Reihe: Im Namen des Fortschritts, Mitarbeit François Partant, Ton Carlos de los Llanos, Schnitt Ingeburg Forth

Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller
Filmstill Mit Medizin ins Unglück, Gabun 1975
Aus der Reihe: Im Namen des Fortschritts, Mitarbeit François Partant, Ton Carlos de los Llanos, Schnitt Ingeburg Forth
Privatbesitz

Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller Alphabetisierung, Tansania, aus der Reportage: Frauen dieser Welt, 1965

Marie-Claude Deffarge & Gordian Troeller
Alphabetisierung, Tansania, aus der Reportage: Frauen dieser Welt, 1965
Silbergelatineabzug, 36,1 x 23,7 cm
Museum Folkwang, Nachlass Troeller/Deffarge

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